222-Festival: Köln trifft Berlin

Festival des junge Trompeters und Big-Band-Leiters Pascal Klewer im LOFT

Das wird ein höchst spannendes Ereignis. Der Trompeter und Big-Band-Leiter Pascal Klewer kuratiert im Loft an zwei Tagen gleich mehrere Konzerte und verbindet sie zu einem Jazz-Festival, das als Ganzes weit mehr ist, als „nur“ die Summe ihrer konzertant reizvollen Einzelteile. Der 22 Jahre junge Musiker, der in Köln Jazz-Trompete an der Hochschule für Musik und Tanz studiert, lässt damit tief in seine Musik-, Gedanken- und Arbeitswelt blicken, knüpft so entdeckerfreudig wie kommunikativ seine Fäden und verwebt handverlesene, individuell hochklassige Musikerinnen und Musiker, diverse Stilformen und ungewohnte Besetzungen zu einem reißfesten, prächtig gemusterten Klangteppich.

Dabei ist das Loft für ihn der perfekte Ort, um seine musikalischen Projekte auszuprobieren. „Hayden Chisholm hatte hier früher schon über Jahre hinweg sein Plushmusic Festival mit wahnsinnigen Gästen“, erinnert sich Klewer. „Zum Studienabschluss muss man ein Konzert aufführen, und als ich überlegte, mit wem ich auftreten möchte, entstand der Plan, mit möglichst allen zu spielen. So habe ich das Festival organisiert, an dem nun viele beteiligt sind, mit denen ich gerne zusammenspiele, hinzu kommen Gäste, die ich bewundere und die mich immer wieder inspirieren.“

Das Konzept heißt „222“: „2 Tage, 2 Generationen, 2 Städte.“ An zwei Tagen kommen Protagonisten aus zwei Generationen zusammen, die in Köln oder in Berlin leben und arbeiten. „Sie alle machen viel in der Szene“, erläutert Klewer, „organisieren Konzertreihen wie Roger Kintopf oder Felix Hauptmann in Köln oder Felix Henkelhausen und Ludwig Wandinger in Berlin. Beide Generationen verbindet, dass ihre Projekte ständig neue Richtungen einschlagen, um Jazz immer neu zu erforschen. Das alles soll wiederum die Jazz-Städte Köln und Berlin enger miteinander verbinden.“

Wobei Klewer noch nicht einmal seine spektakulärste Formation aufgeboten hat, die energiegeladene HipHop-Brass-Band Mozah. „Das sind sieben Bläser, Schlagzeug, Rapper, und vielleicht hätte das lärmtechnisch ein Problem gegeben“, lacht er. „Vor allem aber hätte das die Brücke aus New Jazz und Avantgarde zu weit in einen Spagat ausarten lassen.“ Nicht minder spektakulär startet das Festival dafür nun mit Klewers Big Band, die sich dank ihrer dynamischen, abwechslungsreichen Arrangements, ihrer feinen Klangfarben und ausgereiften Solisten längst einen Platz am reichen Kölner Big-Band-Firmament erobert hat.

Klewer selbst beschränkt sich dabei aufs Dirigat: „Die Erwartungen an einen Leiter, der dirigiert und improvisiert, sind hoch und stellen mich viel zu sehr in den Vordergrund, wo ich doch viel lieber diejenigen präsentieren will, die ich eingeladen habe.“ 2019 gab es mit Christian Lillinger, Peter Brötzmann, Evan Parker, Christopher Dell und Kit Downes gleich fünf furiose Gäste, für die Klewer jeweils eigene Suiten komponierte und arrangierte. „Ich bin regelrecht in ihren Kosmos eingetaucht, das waren unglaubliche Erfahrungen. Noch nie etwa habe ich eine solche Energie gespürt wie bei Peter Brötzmann. Die Big Band hatte gerade erst ein unfassbar lautes Tutti gespielt, und er stand ohne jede Verstärkung komplett oben drüber!“ Beim Kölner Festival ist jetzt niemand Geringerer als Pianist Pablo Held der sechste Gast in Klewers Big Band.

Daran an schließen sich weitere Bands, in denen Klewer als Solist zu hören sein wird. Sein Quintett Kon Mo Nko mit Rudi Mahall (Bassklarinette), Johanna Summer (Klavier), Reza Askari (Kontrabass) und Leif Berger (Schlagzeug) feiert die Jazz-Legende Thelonious Monk; sein wunderbar eingespieltes Trio mit Sofia Eftychidou (Kontrabass) und Simon Bräumer (Schlagzeuger) hat den aufregend unberechenbaren Gitarristen Ronny Graupe zu Gast; und unter dem kreativ widersprüchlichen Titel „The Consistency of Destruction“ (Die Konsistenz der Zerstörung) stellen sich Klewer sowie die Kontrabassisten Felix Henkelhausen und Roger Kintopf der schier unerschöpflichen Energie des Schlagzeugers Christian Lillinger.

„Das alles“, so Klewer, „sind Projekte, die vorrangig entstehen, um eine gemeinsame musikalische Vision zu entwickeln. Wobei sich die Musik mit den Einflüssen eines jeden Spielers immer wieder weiterentwickelt.“ Im Loft kann man daran nun zwei intensive Tage lang teilhaben.


222-Festival: Köln trifft Berlin
LOFT - 9. & 10.03.2020, jeweils ab 19 Uhr


 Von Horst Peter Koll

Horst Peter Koll schreibt seit vielen Jahren über Film und Kino, war Chefredakteur zweier Filmmagazine und engagiert sich vor allem auch für den Kinder- und Jugendfilm, aktuell als Kurator beim Online-Portal filmfriend.de. Dem Jazz folgt er inzwischen seit einem halben Jahrhundert, veranstaltete mitunter selbst Konzerte und schreibt gerne über junge wie alte, renommierte wie neue Musikerinnen und Musiker, vorrangig im "Kölner Stadt-Anzeiger".